Mein erster Hund ‚Fuks‘
Als ich Fuks (Border Collie Mischling) zum ersten Mal sah, war er gerade 6 Wochen alt. Ich hatte mich sofort in das dreifarbige Wollknäuel verliebt. Er war einfach zu süß und krabbelte gleich auf meinen Schoß. In diesem Moment wusste ich: „Das wird mein Hund“!
Die ersten Anzeichen
Ein paar Wochen später war es dann soweit. Fuks zog bei mir ein. Natürlich hatte ich mich belesen und alles so gut wie möglich vorbereitet. Schon bald besuchten wir die hiesige Hundeschule. Im Alter von ca. 5 – 6 Monaten fingen wir dort mit den ersten Übungen an. Die ersten einfachen Kommandos, die ersten Übungen zur Leinenführigkeit. Eben das Übliche. In diesem Zeitraum fiel mir jedoch zum ersten Mal auf, wie schnell Fuks überdrehte und wie schwierig es war, ihn dann wieder „runter zu bringen“. Der Hinweis der Trainerin, dass dieses Verhalten für einen Junghund kurz vor der Pubertät ganz normal sei, beruhigte mich ein wenig und schob meine Bedenken beiseite.
So verging die Zeit. Fuks hatte seine Pubertät mittlerweile hinter sich. Aber ruhiger oder gelassener wurde er deswegen nicht. Er überdrehte ständig. Sei es ein hupendes Auto, lautes Kindergekreische oder ein entferntes Hundegebell. Er war immer und überall in Alarmbereitschaft. „Er bräuchte mehr körperliche Auslastung. Er ist ein Border Collie“ waren die Worte der Trainerin, an die ich mich noch gut erinnern kann. Zu diesem Zeitpunkt ging ich aber bereits drei mal am Tag mit ihm Gassi! Morgens ca. 30 Minuten im nahegelegenen Stadtpark, zwischen meinen Vorlesungen an der Uni nochmals für ca. 45 Minuten und nach der Uni an der Isar. Oft waren wir dort bis zu zwei Stunden unterwegs. Stöckchen schmeißen, schwimmen, Spaß haben.
Man könnte also meinen, dass es diesem Hund gut ging. Dass er abends gemütlich in seinem Bett liegen würde, während ich für die Uni lernte. Aber dem war nicht so! Fuks lief unruhig in der Wohnung auf und ab. Brachte mir alle paar Minuten ein Spielzeug. Als ich nicht darauf reagierte, fing er erst das Fiepen und dann das Bellen an. Er schlief oft buchstäblich fast im Sitzen ein, weil er sich nicht ablegen konnte oder wollte. Ich muss zugeben, dass ich an solchen Abenden manchmal richtig wütend auf ihn war. So wütend und genervt, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Was sollte ich denn noch alles mit ihm machen, damit er zufrieden war? Zugegebenermaßen lagen meine Nerven immer öfter blank und ich entwickelte langsam ein schlechtes Gewissen.
Die Mär von der Auslastung
In den Semesterferien schaute ich mich daher nach einer anderen Hundeschule um und führte, so meinte ich zum damaligen Zeitpunkt zumindest, recht gute Gespräche mit der Inhaberin der Hundeschule. Fuks wäre ein „Rohdiamant“ den man nur fördern müsse. Er wäre geistig unterfordert und käme deswegen nicht zur Ruhe. Als Laie, welche ich zu diesem Zeitpunkt ja noch war, kommen einem diese oder ähnliche Aussagen dann auch logisch und nachvollziehbar vor.
So probierte ich mit Fuks das Mantrailing aus. Zusätzlich sollten wir beim Gassi gehen immer wieder Fährtensuchspiele mit einbauen. Aber Fuks wurde auch durch das Mantrailing nicht ruhiger. Im Gegenteil. Durch die viele Nasenarbeit wurde er jagdlich immer ambitionierter, so dass ich ihn nicht mehr von der Leine lassen konnte. War er dann doch mal im Freilauf, hatte er seine Nase durchwegs am Boden und suchte nach Mäusen oder irgendwelchen Spuren. Er blendete mich einfach total aus. Ich hätte heimgehen können, ohne dass es ihm aufgefallen wäre! Locken konnte ich ihn dann nur noch mit einem Leckerli. Nachdem er sich dieses abgeholt hatte, war er aber auch schon wieder weg und mit anderen Dingen beschäftigt. In solchen Situationen fühlte ich mich so, als wäre ich nur sein Futterautomat. Diese Erkenntnis ärgerte mich sehr, machte mich aber gleichzeitig auch ziemlich traurig. Ich hatte einfach nicht das Gefühl, eine gute und feste Bindung zu ihm zu haben.
Da das Mantrailing weder zu einer stärkeren Bindung zwischen mir und Fuks noch zu seiner Ausgeglichenheit beitrug, versuchte ich es dann schließlich noch mit Agility und Obedience. Hier war er wohl in seinem Element. In beiden Disziplinen war er immer vorne mit dabei. Es schien ihm Spaß zu machen. Ruhiger und ausgeglichener wurde er deswegen jedoch nicht. Kaum zu Hause, ging es nach kurzer Zeit wieder los. Sobald ich nur in Richtung Haustüre ging, fing er vor Aufregung an zu Zittern und zu Fiepen. Dabei wollte ich nur in die Küche oder auf die Toilette gehen. Ich hatte mittlerweile tatsächlich das Gefühl, je mehr ich ihn auslastete, desto ruheloser wurde er.
Ich fragte mich daher immer häufiger, ob ich diesem Hund überhaupt jemals gerecht werden könnte. Ob er nicht bei jemand anderem besser aufgehoben wäre. Jemanden, der sich den ganzen Tag mit ihm beschäftigen würde. Erst im Alter von ca. 10 Jahren wurde er etwas ruhiger. Die Jahre zuvor hatte man stets den Eindruck, als wenn er ständig unter „Strom“ stehen würde. Ich habe diesen Hund wirklich sehr geliebt! Aber Fuks brachte mich oftmals an meine Grenzen und auch darüber hinaus.
Hätte...
Mit meinem heutigen Wissen bin ich felsenfest davon überzeugt, dass ich Fuks und mir ein viel entspannteres Zusammenleben hätte ermöglichen können. Im Nachhinein tut es mir – vor allem für Fuks – sehr leid, dass ich es damals aus Unwissenheit nicht umsetzen konnte.
In gewissem Sinne ist Fuks gleichwohl mein Lehrmeister gewesen, auch wenn ich mir sein Verhalten erst Jahre später erklären konnte. Er hat mich letztendlich dazu gebracht, mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Hundeerziehung auf sozialer Ebene zu beschäftigen. Alleine dafür werde ich ihm immer dankbar sein!
In Erinnerung an Fuks
